Die Kunst der Selbstreflexion nach einer Trennung

 „Alles hat seine bestimmte Stunde, und jedes Vorhaben unter dem Himmel hat seine Zeit.“ – Prediger 3,1

Nach einer Trennung gibt es eine Phase der Trauer. Eine Phase der Erholung. Eine Phase der Heilung. Und dann die Phase der Selbstreflexion und Erkenntnis. Auch wenn sich diese Zeit eher schmerzhaft anfühlen mag, habe ich währenddessen die Erfahrung gemacht, dass eine neue Offenbarung der Weisheit Gottes, Seines Wesens und Seiner Vorstellung von mir, sich tief in mir eingeprägt hat. Dating gehörte nicht zu den Dingen, die ich während meines Heranwachsens viel getan habe. Ich habe es geliebt, Single zu sein, mit meinen Freunden in Gruppen unterwegs zu sein und Freiheit und Unabhängigkeit zu erleben; ich fühlte mich frei wie ein Vogel und war niemandem außer mir selbst (und Jesus) Rechenschaft schuldig. Erst kürzlich ist meine erste ernsthafte Beziehung, die in Richtung Ehe steuerte, zu Ende gegangen. Obwohl es sich in dem Moment extrem schmerzhaft angefühlt hat, war es diese leise Stimme, die ich in meiner Zeit mit Gott wahrzunehmen gelernt hatte, die mich damals in, aber auch letztendlich wieder aus der Beziehung geführt hat.

Andere Menschen neigen häufig dazu, dich voreilig dazu zu ermutigen, Schmerz schnell hinter dir zu lassen: nur wenige haben das Mitgefühl, die Empathie und das Durchhaltevermögen, mit dir im Schmerz auszuharren. Menschen fühlen sich unwohl, wenn jemand leidet. Wir wünschen uns gegenseitig das Beste und deshalb ist es schlimm, wenn wir eine/n unserer Lieben leiden sehen. Damit jede/r einzelne aber daran glauben und darauf hoffen kann, dass das Beste für sie bzw. ihn noch kommen wird, müssen wir durch den Schmerz durch und Jesus erlauben, uns da durchzuführen. Das kann nur gelingen, wenn wir uns Ihm unterordnen und vor Ihm ganz still werden. Es ist verführerisch, den Heilungsprozess beschleunigen zu wollen und es scheint oft naheliegender, aufzugeben und einfach auszusteigen. Sich Gott ganz hinzugeben und dann dort zu bleiben, kann manchmal nämlich echt schwer sein. Dennoch arbeite ich mich durch all diese Gefühle nach einer Trennung und es kann echt schrecklich sein. Eine Trennung ist ein Verlust. Und die damit verbundenen Gefühle, die nach einer Trennung eben da sind, werden in den ersten Wochen auch noch auf ihrem Höhepunkt sein. In diesem Moment kann es sich manchmal so anfühlen, als ob die Zeit stehen geblieben ist, obwohl alles weiter seinen gewohnten Gang nimmt. Ist es nicht spannend, wie aufschlussreich, aber auch wie verwirrend Emotionen manchmal sein können? Ich sage mir dann immer, dass es in Ordnung ist, dass ich diese Emotionen spüre, weil wie die Bibel sagt, alles unter dem Himmel seine Zeit haben darf. Und auch mein himmlischer Vater hat Schmerz gespürt; Jesus erlebte tiefstes Leid. Jesaja 53,3: „Verachtet war er und verlassen von den Menschen, ein Mann der Schmerzen und mit Leiden vertraut; wie einer, vor dem man das Angesicht verbirgt, so verachtet war er, und wir achteten ihn nicht.“

Jesus ist mit Emotionen vertraut und erlaubt dir, durch diese hindurchzugehen. Es ist völlig in Ordnung zu betrauern, was mal war. Wir können vor dem Schmerz nicht weglaufen, aber Gott ist mit uns mitten drin. Wir haben zwei Möglichkeiten, wenn wir mit starken Gefühlen konfrontiert werden; wir können zulassen, dass sie uns überwältigen oder als Warnzeichen verstehen und den Heiligen Geist um Hilfe bitten. Je länger ich auf dieser Reise unterwegs bin, werden mir zwei Dinge zunehmend bewusster:

1. Dass ich wenig Kontrolle über Dinge habe.

2. Dass ich Kontrolle über manche Dinge habe.

Ich möchte, dass Sein Wille in meinem Leben geschieht. Das wollen wir alle, oder? Wir beten das in unseren Gebeten, singen das in Lobpreisliedern, schreiben es in unsere Gebetstagebücher und ich bin davon überzeugt, dass das ein ehrlicher Wunsch unseres Herzens ist. Wie aber bringen wir unsere Wünsche mit Seinem Willen in Einklang? Wie können wir ehrlich daran glauben und uns nicht nur oberflächlich einreden, dass Sein Wille das Beste für uns ist, auch wenn das häufig nicht dem entspricht, was wir uns wünschen und vorgestellt haben? Ich habe herausgefunden, dass ich die Stille mit Ihm suchen und meine Gedanken zur Ruhe bringen muss, damit ich Seine Wahrheit nicht nur kenne, sondern sie begreifen und glauben lerne. Es sind die Phasen des Leids, der Enttäuschung und des Schmerzes, in denen diese Veränderung in unserem Herzen stattfinden kann. Deshalb ist es so wichtig, dass wir in diesen Phasen dem Heiligen Geist Zugang zu unserem Herzen gewähren und Ihn Seine Arbeit der inneren Heilung in uns tun lassen. Es ist so wichtig, dass wir Tempo rausnehmen und all dem Raum geben. Nur dann sind wir in der Lage, Ihm die Erlaubnis zu geben und zu sagen: „Nicht das, was ich will, sondern was du willst.“ Die Zeit nach einer Trennung kann eine wunderschöne und lebensverändernde Phase in deinem Leben sein (wenn du es zulässt), um herauszufinden, was Gottes weitere Pläne für dich sind! Es ist eine Zeit, in der du evaluieren kannst, in welche Richtung du unterwegs bist, was du dir für einen zukünftigen Ehepartner wünschst, an welchen Lebensbereichen du noch etwas arbeiten musst und eine Zeit, um deine eigenen Überzeugungen zu schärfen. Alle Entscheidungen, die auf Angst basieren, sind i.d.R. keine guten. Für mich war ein Reifungsprozess während meiner Beziehung, mein „Ja“ ein „Ja“ und mein „Nein“ ein „Nein“ sein zu lassen. Das paasierte nicht einfach über Nacht. Ich lernte, was es bedeutet, Grenzen zu haben (jetzt, wo ich kein freier Vogel mehr war) und zu dem zu stehen, was ich wertschätze, was ich mag bzw. nicht mag, wonach ich mich sehne, usw.

Hier sind ein paar Fragen, die du dir nach einer Trennung während der Phase der Selbstreflexion stellen kannst:

● Haben sich meine Grundwerte, Träume oder Ziele durch die Beziehung verändert? Wenn ja, wie lauteten diese zu Beginn der Beziehung und wie stellen sie sich jetzt dar?

● Bin ich meinen Überzeugungen treu geblieben?

● Welchen Kurs hat mein Leben genommen? Muss ich wieder ein paar Kurskorrekturen vornehmen?

● Gebe ich dem Heiligen Geist die Erlaubnis, jegliche Lügen, falsche Vorstellungen oder Gedanken, die ich währenddessen geglaubt habe, zu korrigieren und neu auszurichten? Wenn ja, wie lauten diese?

● Glaube ich wirklich daran, dass Gott mein bestes Interesse im Sinn hat?

 ● Welche Bibelverse sollen meine Ankerpunkte sein, um mich durch diese verworrene Zeit nach der Trennung zu navigieren?

Wenn du ein paar Ideen für Bibelverse brauchst, beschäftige dich mal mit diesen:

Philipper 1,6

Römer 15,13

Jesaja 43,2

1.Petrus 1,6-7

Während du dich durch diese Phase nach der Trennung navigierst, bitte Jesus immer wieder um Hilfe, dass du nicht zulässt, dass deine verletzten Gefühle zu verhärteten Gefühlen werden, die letztendlich zu Bitterkeit, Sünde und Selbstzerstörung führen. Verletzte Gefühle und verhärtete Gefühle sind zwei unterschiedliche Dinge. Es ist ziemlich schwer, andere aus Verletzung heraus zu lieben. Von dort ausgehend, kann es passieren, dass wir aus unreinen Motiven lieben, auch wenn das nicht unsere Absicht ist. Wir versuchen dann nämlich, nicht aus dem Überfluss des Heiligen Geistes, sondern aus unserem schmerzenden Herzen zu lieben. Ich bin mir allerdings in folgendem sicher: Gott nutzt alles und verschwendet nichts. Scham gewinnt nicht. Schuldgefühle gewinnen nicht. Sorgen gewinnen nicht. Er hat diese Beziehung dazu genutzt, dich weiterzuentwickeln, zu formen und, letztendlich eines Tages, Seine Herrlichkeit in dir widerzuspiegeln. Inmitten meines größten Schmerzes, habe ich mich immer am meisten nach Frieden gesehnt. Darf ich dich freundlich daran erinnern, dass Frieden die Gegenwart Jesu ist? Solange du diese Phase also mit ihm beschreitest, kannst du dir Frieden sicher sein. Ruhe in Seinen Offenbarungen und darin, was Er dir noch enthüllen wird.  

Das ist ein einfaches Gebet, das ich in mein Tagebuch geschrieben habe. Fühl dich frei, es zu deinem eigenen zu machen:

Bereite mein Herz vor und schaffe Raum.

Öffne meine Augen, um zu sehen, was du tun wirst

Öffne meine Ohren, um zu hören, was du sprechen wirst

Öffne mein Herz, um zu verstehen, was du sagen wirst